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Ceci n'est pas une pipe

"Das ist keine Pfeife." Dieser Satz steht unter dem berühmten Bild 'La trahison des images' von René Magritte. Wenn man kurz darüber nachdenkt ist es offensichtlich, dass die Pfeife und das Bild einer Pfeife zwei verschiedene Dinge sind.
Was passiert aber, wenn wir diesen Gedanken etwas weiterspinnen? Es stellt sich heraus, dass die Einsichten, die man in diesem Prozess gewinnt uns dabei helfen zu verstehen, was es bedeutet etwas zu 'verstehen'. Darüber hinaus gibt es uns ein mächtiges Werkzeug zum Problemlösen und verbindet viele alltägliche Dinge, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Zu guter Letzt gibt es uns die Grundlage, um ein paar interessante philosophische Fragen aufzuwerfen und teilweise auch zu beantworten.
Bilder und Fotos sind aber nicht die einzige Art von Modellen, die im Alltag vorkommen. Ich möchte hier erstmal zeigen, dass Modelle fast alle Bereiche unseres Lebens durchdringen. Los geht's!

Büsten und 3D-Modelle

Karte von Deutschland
Quelle: Wikipedia (Public Domain)

Abbildungen sind natürlich nicht auf zwei Dimensionen beschränkt. Wir können Objekte auch mit Stein, Knete, Holz, Eis oder Metall formen.

Karten

Eine Karte ist ein verkleinertes und vereinfachtes Abbild der Welt, bei dem man versucht möglichst viele geometrische (oder andere erwünschte) Eigenschaften korrekt abzubilden.
Beispiele sind Google maps, ein Architekturplan oder ein Verkehrslinienplan der Bus- und Bahnlinien in ihrer Nähe.
Im Englischen wird oft auch 'map' (Karte) im Sinne von 'Abbildung' als Synonym für 'model' verwendet.

(Computer-)Simulationen

Simulationen können ganz einfach mit Spielsteinen, auf einem Blatt Papier oder komplexer mit Hilfe eines Computers aufgesetzt werden. Sie können helfen reale und potentielle Situationen zu bewerten, als Lernhilfe dienen oder benutzt werden, um (in beschränktem Maße) die Zukunft vorherzusagen (Wettermodelle). Gedankenexperimente waren auch eines der wichtigsten Mittel der theoretischen Physik bevor es Computer gab.

Animation von Tsunami 2004
Quelle: Wikipedia (Public Domain)

Eine Simulation muss aber nicht komplett theoretisch sein. Flugsimulatoren bilden die reale Situation im Cockpit zum Beispiel besser ab und werden deswegen zur Ausbildung von Piloten benutzt.

Spiele und Theater

Eine der am weitesten verbreiteten Lernmethoden bei Menschen ist Lernen durch Nachahmen. Wir simulieren das Verhalten der anderen in unserem Kopf und versuchen es dann nachzumachen. Insbesondere beim Rollenspielen üben Kinder die Welt der Erwachsenen ein, entweder als 'Theater' oder Puppenspiel.
Aber auch in der Erwachsenenwelt findet man 'Theater' und Spiele jeglicher Art. So kann man Fussball einerseits als simulierten Konflikt sehen, aber auch als 'so tun als ob' Spiel, wo einem zufälligen Ziel (das Runde soll ins Eckige) zeitweise ein echter Wert zugeordnet wird.
Auch viele Computerspiele basieren darauf, einen kleinen Aspekt der Wirklichkeit (nicht unbedingt wahrheitsgetreu) zu simulieren. Beispiele sind Wirtschaft, Krieg/Konflikt oder das menschliche Leben.

Vorstellungskraft und Fantasie

Stellen sie sich vor, sie stehen auf einer kleinen Lichtung im Wald. Es riecht nach Harz und Laub. Auf einem benachbarten Baum hören sie ein Eichhörnchen rascheln und die Luft wimmelt von kleinen Insekten, die die ersten Sonnenstrahlen genießen.

Wenn sie diese Worte lesen, sollte sich in ihrem Kopf ein Modell der Situation aufbauen. Die meisten Menschen werden sich die Situation bildlich vorstellen, andere betonen eher die Gerüche oder Geräsche. Unser Gehirn ist erstaunlich gut beim Erzeugen solcher Fantasiewelten und wir nutzen Bücher und Filme, um absichtlich in solche einzutauchen.
Eine andere Art der Vorstellungskraft ist Empathie. Wir können uns in eine andere Person hineinfühlen und uns vorstellen, wie sie sich fühlt oder was sie vorhat. Wenn wir jemanden sehr lange kennen, kann es uns so vorkommen, als ob eine Kopie dieser Person in unserem Gehirn lebt. Oft können wir sogar vorausahnen, wie sie in bestimmten Situationen reagieren wird.

Abstrakte Modelle und Repräsentationen

Weltbevoelkerung
Quelle: Wikipedia (Public Domain)

Eines der mächtigsten Denkwerkzeuge, die wir kennen sind Graphen und abstrakte Modelle, insbesondere die Mathematik (obwohl viele Zweige der reinen Mathematik nicht mehr offensichtlich Dinge in der realen Welt beschreiben). Innerhalb der Mathematik sind beispielsweise die (algebraische) Topologie, Algebra oder Kategorientheorie aus der Idee entstanden, dass man vereinfachte Modelle anderer mathematischer Objekte betrachtet.

Sprache und Schrift

Was ist eigentlich ein Buchstabe? Vereinfacht gesagt ist es eine Repräsentation eines menschlichen Lautes durch ein visuelles Symbol. Diese geniale Idee erlaubt es uns Worte wie diese hier auf Papier oder einem Computer festzuhalten, um diese anderen Menschen zur Verfügung zu stellen. Noch deutlicher sieht man das vielleicht bei der musikalischen Notation.
Aber auch Worte selbst sind nur Verweise auf Konzepte, die sich in unserem Kopf befinden. Diese Konzepte selbst sind vereinfachte Modelle der Realität. Insofern ist 'Schrift' also ein Modell dritter Stufe (auch wenn geübte Leser die Stufe der Lautsprache überspringen können).

Wozu ist das gut?

Ich hoffe die bisherigen Beispiele haben einen Vorgeschmack auf die Breite der Anwendungsgebiete geben können. Ich möchte aber betonen, dass das nur eine kleine Auswahl war und noch viele wichtige Themen fehlen. Ich möchte zum Schluss noch ein paar ganz konkrete Anwendungsfelder geben.

Zum Nachdenken

  1. Was bedeutet es etwas zu 'verstehen'? Beispiele: Verstehen, was jemand gesagt hat. Verstehen, wie man Brüche addiert. Verstehen, wie man mit Hunden umgeht.
  2. Für Mathematiker: Was ist eine natürliche/reelle Zahl? Was ist ein Tensorprodukt? Oft wird eine solche Frage ganz pragmatisch beantwortet, indem man ein Objekt konstruiert, dass genau die Eigenschaften hat, die man sich wünscht, ein Modell! Man schaue sich dazu z.B. das mengentheoretische Modell der natürlichen Zahlen an.
  3. Für Physiker: Der Welle-Teilchen-Dualismus ensteht dadurch, dass wir ein physikalisches Phänomen durch zwei unterschiedliche Modelle beschreiben wollen. Man erkläre hiermit, warum die Frage, ob "Ein Photon in Wirklichkeit ein Teilchen oder eine Welle ist?" aufgelöst wird.
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